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Warum wir auch im Lockdown verreisen

Erstveröffentlichung: 28.1.2021 / Aktualisiert: 30.6.2022

Wir erleben es immer wieder, dass Freunde und Bekannte es nicht verstehen können, dass wir mitten im Lockdown ans Verreisen denken und Reisen buchen. „Ihr werdet es doch ein paar Monate mal aushalten, nicht zu verreisen. Was ist denn da dabei? Zu Hause ist es doch auch schön.“ ist wohl eine der häufigsten Aussagen, die wir diesbezüglich hören.

Ja, natürlich ist es zu Hause auch schön. Wir mögen unser Daheim, unsere Jobs. Wir lieben es, Zeit mit unseren Familien und Freunden zu verbringen. Doch erfüllt es uns nicht zur Gänze. Wir haben ehrlich Verständnis für alle, die einen Urlaub in Österreich oder zu Hause im Garten als erfüllend betrachten. Wir verurteilen niemanden, für den diese Form des Urlaubs ausreicht. Doch für uns tut es das nicht.

Umso herausfordernder ist es in Zeiten einer Pandemie für Weltenbummler wie uns. Nicht nur deshalb, weil das Angebot an Flügen und Reisen dementsprechend niedriger ist, sondern auch, weil man sich dafür rechtfertigen muss. So empfinden wir das zumindest. Es scheint so, als müsse man sich aktuell sogar schon fast dafür schämen, wenn man trotz Lockdown und Virus eine Reise bucht.

Dabei sehen wir eigentlich keinen Grund dafür. Ja – die Art zu Reisen, das Reiseziel und diverse Aktivitäten vor Ort sollten gut überlegt werden. Doch wir sehen keinen Grund, warum man sich fürs Verreisen schämen sollte. Warum wir also auch im Lockdown verreisen, beantworten wir in diesem Beitrag…

Im Flugzeug nach Riga, Lettland

„Warum verreist ihr überhaupt so oft?“

Reisen ist für uns mittlerweile kein Hobby mehr oder ein besonderer „Luxus“, den man sich ausnahmsweise mal gönnt. Es ist zu einer Art Lebensphilosophie geworden und wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Vielleicht denkst du, das sei naiv oder übertrieben. Doch ob wir glücklich und zufrieden sind, hängt für uns davon ab, wo und wie oft wir unsere freien Tage verbringen. Wir haben es selbst in der Hand, ob wir unseren großen Traum, die Welt zu bereisen, auch wirklich leben und verfolgen. Wir sind es, die über unser Leben entscheiden. Und wenn wir diesen Traum auch während des Lockdowns und Corona leben können, dann machen wir das auch. Immerhin gehen wir dabei ja keine Regelverstöße oder Gesetzesbrüche ein und verletzen niemand anderen.

Samarkand, Usbekistan
im Bus in Nicaragua
Piran, Slowenien
„Ist das Reisen aktuell überhaupt erlaubt?“

Lockdown und Corona bedeutet nicht gleich Reiseverbot. Auch wenn für einen Staat eine Reisewarnung ausgesprochen wurde (Stufe 5 und 6), bedeutet das nicht, dass man diese Länder nicht bereisen kann. Eine Reisewarnung ist nichts anderes wie eine Empfehlung Seiten des Staates, aber kein direktes Verbot.

Belgien war im Jahr 2021 mal in den Medien, weil sie das Reisen für touristische Zwecke offiziell verbieten wollten. Die EU hatte zwar ebenfalls immer wieder verkündet, nicht notwendige Reisen so gut es geht „ausbremsen“ zu wollen, doch hat auch klar gezeigt, dass Belgien mit diesem Verbot zu weit geht.

Yangon, Myanmar
Mostar, Bosnien
„Nehmt ihr Corona denn gar nicht ernst?“

Auch wir nehmen das Corona-Virus sehr ernst. In einer Zeit, wo Abstand-halten und das Vermeiden von Menschenansammlungen oberste Priorität haben sollte, gilt das selbstverständlich auch für das Reisen. Zudem sind wir beide 3. mal gegen Covid-19 geimpft (Stand Juni 2022).

Egel in welches Land wir reisen, eins der obersten Reisegebote, ganz unabhängig von Corona, heißt: Respekt. Respekt gegenüber den einheimischen Menschen, ihren Regeln und ihrem Verhaltenskodex. Im speziellen Fall Corona bedeutet das für uns somit selbstverständlich auch, uns an alle Corona-Maßnahmen und Hygienerichtlinien zu halten – auch im Urlaub.

Venedig, Italien
Teheran, Iran
„Ist Reisen während einer Pandemie nicht völlig verantwortungslos?“

Wenn man Rücksicht auf andere nimmt und sich an die Regeln hält, ist man unserer Meinung nach überall genau so sicher wie hier in Österreich; wenn nicht sogar sicherer. Denn was WIR für verantwortungslos empfinden, sind gewisse Haltungsweisen von manch Bekannten und Freunden. Im Gegensatz zu denen feiern wir nämlich keine Corona-Partys zu Hause, veranstalten keine Spieleabende oder nehmen Corona auf die leichte Schulter. Seit Monaten haben wir unsere Kontakte auf ein absolutes Minimum reduziert. Außerdem nutzen wir regelmäßig das Angebot von kostenlosen PCR-Tests. Wir versuchen eben so gut es geht, uns am Kampf gegen das Virus zu beteiligen.

Dass wir uns dennoch fürs Verreisen in der aktuellen Zeit entscheiden, steht für uns aber keinesfalls im Widerspruch dazu. Wir gehören zu den Menschen, die im Urlaub meist weniger soziale Kontakte haben, als wenn sie zu Hause bleiben würden und zur Arbeit gehen. Wir denken, dass es unterm Strich keinen Unterschied macht, WO wir uns an Corona-Maßnahmen und Hygienerichtlinien halten.

Riga, Lettland

Das Argument, durch das Verreisen neue Virusmutationen etc. zu verbreiten, verstehen wir, ist aber unserer Meinung nach nicht berechtigt. Wir leben in einer derart globalisierten Welt, in der man eine Virusmutation, wie die aus England oder Südafrika beispielsweise, sicher nicht nur durch das „Sperren von Tourismus“ abhalten kann. Dafür ist es schon zu spät – selbst wenn wir jetzt noch all unsere Grenzen schließen würden.

Samarkand, Usbekistan
Kobarid, Slowenien
„Könnt ihr dann überhaupt wieder so einfach in Österreich einreisen?“

Also österreichischen Staatsbürgern ist es dir jeder Zeit erlaubt, in deine Heimat zurück zu kehren. Je nachdem, welche Einreiseregeln gerade gelten, muss man sich an diese natürlich auch halten. Aber verwehrt wird dir die Rückkehr keinesfalls. Was jedoch durchaus passieren kann, ist, dass dir die Airline die Rückreise verwehrt, weil du nicht alle notwendigen Dokumente vorweisen kannst. Deshalb ist es immer wichtig, sich nicht nur über die Einreisebestimmungen des Ziellandes zu informieren, sondern auch die aktuellen Bestimmungen der Airline im Auge zu behalten.

Pärnu, Estland
„Und wie regelt ihr das mit euren Jobs, wenn ihr in Quarantäne müsst?“

Wir haben beide ziemliches Glück, was unsere Jobs angeht. Einerseits können wir problemlos im Home-Office arbeiten, andererseits lässt sich mit unseren Arbeitgebern gut reden. Wichtig ist, den „Worst Case“ vor der Reise bereits mit dem Chef abzuklären. In unserem Fall haben wir beispielsweise einmal an den 5 Tagen, die wir nach unserer Reise in Quarantäne sein mussten, von zu Hause aus gearbeitet. Es wäre uns aber auch Wert gewesen, 5 Tage Urlaub dafür zu opfern. Das muss dann jeder selbst entscheiden, ob es einem das wert ist.

Lome, Togo
Esfahan, Iran
Hotel in Venedig, Italien
„Wie wahrscheinlich ist es, sich im Flugzeug anzustecken?“

Klimaanlagen von Flugzeugen haben sogenannte HEPA-Filter, also Hochleistungsfilter, welche Corona-Viren zurück halten können. Dabei strömt Luft aus der Kabinendecke und wird am Boden wieder abgesaugt, es gibt also einen stetigen Luftstrom. Die Wahrscheinlichkeit, sich im Flugzeug mit Covid-19 anzustecken ist äußerst gering – doch natürlich ist es nicht völlig ausgeschlossen. Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, ob ihm oder ihr der Urlaub wichtig genug ist, das Risiko einzugehen.

Insider Tipp: Angeblich ist es nicht egal, wo genau man im Flugzeug sitzt. Statistisch gesehen ist das Ansteckungsrisiko am geringsten, wenn man möglichst weit hinten und möglichst am Fenster sitzt. Denn dann bekommt man von den Verwirbelungen im Gang am wenigsten mit. Außerdem solle man so gut es geht sitzen bleiben und die Luftdüsen über dem Sitz schließen.

Kopenhagen, Dänemark
„Warum ist es gut und wichtig, (auch) jetzt zu reisen?“

Reisen während Corona? Wir sagen ganz klar ja! Nicht zuletzt deshalb, weil die sonst beliebten Urlaubsländer auf einmal fast menschenleer sind und man viele Orte und Sehenswürdigkeiten ganz für sich alleine hat. Viele sonst völlig überfüllten Touristen-Hotspots sind oftmals angenehm leer und wunderbar zu besichtigen. Das haben wir vor allem auch während unseres Venedig-Aufenthalts im August 2020 gemerkt.

leeres Venedig 2020

Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Wirtschaft braucht Tourismus. Die Länder brauchen Tourist*innen. Nicht selten sind ganze Familienkreise von einem kleinen Tourismusunternehmen abhängig. Vor wenigen Wochen haben wir eine erschütternde Dokumentation im Fernsehen über die Kamel-Besitzer in Ägypten gesehen. Jahrzehnte-lang haben einige davon gelebt, ihre Tiere an Touristen vor den Pyramiden von Gizeh zum Reiten und für Fotos zu vermieten. Seit Corona geht das natürlich nicht mehr. Und noch viel schlimmer: nach und nach mussten die Tiere geschlachtet werden, weil nicht genug Einkommen da war, um die Tiere zu füttern.

Traurige Beispiele wie diese zeigen uns, wie wichtig der Tourismus auch in Zeiten einer Pandemie ist. In den meisten Urlaubsländern gibt es keine staatlichen Hilfen, keinen „Umsatz-Ersatz“ wie bei uns in Österreich, kein Arbeitslosengeld, keine Kurzarbeit. Nicht selten sind Menschen in diesen Ländern Tagelöhner, die davon leben, was sie täglich verdienen. Ersparnisse gibt es kaum. Eine Pandemie ist für diese verheerend.

Wandern in Österreich
Skopje, Nordmazedonien
Unser persönliches Fazit

Wir sind der Meinung, dass gut bedachtes und geplantes Reisen mit diversen Sicherheitsregeln durchaus statt finden kann. Als im Sommer 2020 die „erste Welle“ überstanden schien, haben wir zum Beispiel dieses „Reise-Zeitfenster“ so gut es ging genutzt. Doch sind wir nicht einfach planlos verreist, ohne uns darüber Gedanken machen, wie die Situation in den Zielländern aussieht. So waren wir beispielsweise eine Woche in den baltischen Staaten unterwegs: drei Länder, die bei weitem weniger Corona-Fälle hatten als wir in Österreich.

Es sollte selbstverständlich sein, keinen Urlaub in „Corona-Hotspots“ zu planen. Die Länderwahl für deinen Urlaub ist aktuell bedeutender denn je. Wir denken: Mit ein wenig Know-How und Vorbereitung sollte das Reisen kein Problem sein – selbst in Zeiten einer Pandamie.

Noch ein Abschlussgedanke: Durch die vergangenen paar Monate wurde uns wieder einmal bewusst, wie verdammt privilegiert wir eigentlich vor Corona waren. Reisen war so selbstverständlich. Offene Grenzen waren selbstverständlich. Dies alles sollten wir definitiv mehr schätzen.

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