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Seid ihr verrückt? Das ist doch gefährlich!“

Erstveröffentlichung: 20. Februar 2020 / Aktualisiert: 01.11.2022

Achtung: Dieser Beitrag wurde vor den Protesten und Ausschreitungen (beginnend mit September 2022) geschrieben. Es wird sich zeigen, was die Menschen damit erreichen werden und wohin sich das Land nun entwickeln wird. Sicher ist: aktuell (November 2022) würden wir eine Reise in den Iran nicht empfehlen. Wir hoffen sehr darauf, dass wir das bald wieder können. Denn unsere Meinung hat sich dadurch nicht geändert: Der Iran ist wundervoll und gehört unbedingt bereist!

Das ist eine der häufigsten Aussagen, die wir im Zusammenhang mit unserer Iran-Reise 2017 aus unserem Umfeld gehört haben. „Wie kommt man denn auf die Idee, dort hin zu reisen?“ – tja, ganz einfach: Weil es ein unglaublich schönes und vielseitiges Land ist. Mit diesem Beitrag möchten wir vor allem die Menschen erreichen, die mit dem Iran noch immer ausschließlich Begriffe wie Ahmadinedschad, Krieg, Atomstreit, Menschenrechtsverletzungen oder Sittenwächter verbinden. Du bist neugierig geworden? Mehr erfährst du in diesem Beitrag…

Freitagsmoschee in Esfahan
Reisewarnung für den Iran?

Vor den Protesten, die im September 2022 durch den Tod der jungen Iranerin Mahsa Amini ausgelöst wurden, galt laut der Website des österreichischen Außenministeriums (BMEIA Iran) für den Iran ein „Hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 4). Es besteht die Gefahr, an der Einreise in den Iran gehindert oder während eines Aufenthalts in diesem Land willkürlich festgenommen, verhört bzw. unter Umständen zu Haftstrafen verurteilt zu werden. Von nicht unbedingt notwendigen Reisen wird daher abgeraten.“

Wir geben zu, das hört sich nicht sehr einladend an. Allerdings sind wir bei solchen Meldungen oft vorsichtig, und versuchen die Hintergründe zu verstehen, warum ein Staat wie Österreich dieses erhöhte Sicherheitsrisiko verkündet hat. Fast immer waren die von den Festnahmen Betroffenen Doppelstaatsbürger*innen, die sowohl eine iranische, als auch eine europäische/andere Staatsbürgerschaft besitzen. Sie standen offenbar besonders im Fokus dieser Festnahmen. Weiters muss man die Wahrscheinlichkeit bzw. Häufigkeit bedenken, wie oft so etwas passiert. In Relation zu den zahlreichen Tourist*innen, die tagtäglich in den Iran einreisten, war die Anzahl der Verhaftungen nämlich schwindend gering. Ja, ein gewisses Risiko einer „willkürlichen Verhaftung“ war vielleicht gegeben. Aber habe ich nicht auch ein Risiko, mit dem Auto zu verunglücken, wenn ich morgens in die Arbeit fahre?

Es ist wirklich schade, dass das Bild, welches viele Europäer*innen vom Iran im Kopf haben, alles andere als positiv ist. „Sicherheitswarnungen“ wie die oben zitierte tragen natürlich dementsprechend dazu bei. Doch selten haben wir uns wo auf Anhieb so wohl und sicher gefühlt wie im Iran. Unsere Zeit vor Ort war geprägt von unglaublich viel Herzlichkeit, Gastfreundschaft und Aufgeschlossenheit der iranischen Bevölkerung. Bereits nach unserem ersten Tag haben wir aufgehört zu zählen, wie oft wir auf wirklich herzliche Art und Weise mit den Worten „Welcome to Iran“ begrüßt wurden.

Welcome to Iran!

Eine Freundin hat einmal zu Elsa gesagt: „Wenn du in den Iran reist, unterstützt du doch nur das Regime, das Frauen unterdrückt und Menschenrechte verletzt.“ Tatsächlich haben wir ziemlich lange und oft über diese Aussage nachgedacht. Als Viel-Reisende müssen wir uns immer wieder auch mit ethischen Fragen auseinander setzen. Spätestens seit unserer Iran-Reise wissen wir jedoch, wie wichtig es ist, sich selbst ein Bild von Ländern zu machen. Ein Reiseboykott, so wie ihn, in diesem Falle, viele für den Iran fordern, schadet nämlich vor allem denen, die am wenigsten für die Entscheidungen und Menschenrechtsverletzungen, die im Iran passieren, können: dem Volk! Nur weil die obersten Machtführer eines Staates etwas entscheiden (noch dazu ohne die Bevölkerung danach befragt zu haben), bedeutet das nicht, dass auch die Menschen der gleichen Meinung sind, oder?

„Please, when you go back home, tell everybody that our country is beautiful. Tell them, that there is no war. Tell them, that we hate our government and that we love everybody on the world.”

Sätze, die wir nicht nur einmal gehört haben…

Die Iraner*innen wissen über ihr schlechtes Image Bescheid. Sie versuchen alles, um Tourist*innen vom Gegenteil zu überzeugen. Sie sind zudem sehr neugierig, und wollen so viel es geht von dir und deinem Land erfahren. Vor allem aber leiden die Iraner und Iranerinnen unter dem Image und den teils menschenverachtenden Sanktionen: der Ausschluss aus dem internationalen Bankensystem macht den Import von lebenswichtigen Produkten unmöglich. Außerdem ist durch die entsetzlich hohe Inflation die Landeswährung mittlerweile fast wertlos geworden. Über 24% der Jugend (2020, Quelle: CIA Facebook) ist im Iran arbeitslos. Die Aussicht auf eine bessere Zukunft gleich null.

Angestellte in einem kleinen Barbari (Brot) – Shop in Teheran

„What do you think about Iran?“ – auch diese Frage wurde uns während unserer Reise oft gestellt. Wenn wir darauf hin geantwortet haben, dass es uns gefällt, wären uns die Iraner*innen beinahe vor Freude um den Hals gefallen. Auch die Tatsache, dass wir ab unserem ersten Iran-Bild auf Instagram unzählige Follower-Anfragen bekommen haben, und unsere Fotos plötzlich hunderte Likes hatten, zeigt, wie sehr sich die Menschen im Iran über Tourist*innen freuen. Denn die neuen Follower*innen waren nicht etwa Leute aus Europa, die sich für den Iran als Reiseziel interessieren, sondern vor allem Iraner*innen, die völlig aus dem Häuschen sind, dass sich jemand für ihr Land interessiert. Positive Berichterstattung aus dem Iran ist nämlich etwas, was wir hier im „Westen“ eher selten zu Gesicht bekommen.

nette Bekanntschaften in einer Shisha-Bar in Teheran
Atti in Persepolis
Nasir-ol Molk Moschee in Shiraz

Wer Interesse an jahrtausendealter Kultur mit sowohl wunderschönen Moscheen und Palästen, als auch beeindruckenden Tempelanlagen und Felsengräbern hat, sollte auf eine Reise in den Iran nicht verzichten. Vor allem aber die Menschen waren es, die uns beeindruckt haben.

Beim Verzicht auf eine Reise in den Iran nimmt man sich die Chance, Land und Leute selbst kennen zu lernen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, und zu erfahren, was die Bevölkerung wirklich denkt.

Hossein und Ferdi haben für uns gekocht. Gastfreundschaft wird im Iran gelebt!

Wenn du in den Iran fährst, wirst du nämlich erkennen, dass sich deine Erkenntnisse stark von dem unterscheiden, was wir durch Medien mitbekommen. Du wirst erkennen, dass die meisten Frauen das Kopftuch sofort ablegen würden, wenn sie könnten. Du wirst erkennen, dass viele Iraner*innen zwar konservativ sind, aber oft den Islam sogar verabscheuen. Und du wirst erkennen, dass Land & Leute viel mehr sind als das, was du bisher von ihnen im Kopf hattest.

Eine Reise in den Iran wird dich prägen.
Und wir versprechen dir, du wirst begeistert sein!

Warst du auch schon mal im Iran und hast die selben Erfahrungen gemacht wie wir? Oder hast du etwa anderes erlebt? Erzähl es uns unten in den Kommentaren! Wir sind gespannt davon zu lesen…

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2 Kommentare

    1. Vielen Dank, freut uns sehr 🙂 Im März geht es für uns nach Usbekistan. Auch da haben wir uns bereits von deinem Blog inspirieren lassen! Lg Elsa

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