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Fluggastrecht: welche Rechte als Passagier hast du eigentlich?

Auch wenn wir es niemanden wünschen: wir sind uns sicher, dass viele von euch bereits in einer der folgenden Situationen waren: Der Flug war verspätet. Du hast einen Anschlussflug verpasst. Dein Gepäck ist nicht angekommen. Dein Flug wurde noch vor eurer Reise gestrichen. Und das sind nur einige von vielen möglichen Szenarien. Je nach Fall hast du als Passagier bestimmte Rechte und Ansprüche auf Entschädigungen. Welche das sind, erfährst du in diesem Beitrag…



Spezialfall: Corona

Die aktuelle Lage aufgrund CoVid-19 betrifft mittlerweile jeden von uns. Leider ist dadurch auch die Reisebranche stark eingeschränkt. Viele konnten aufgrund des Virus ihren Urlaub nicht antreten oder mussten frühzeitig das Reiseland verlassen. Auch uns ist das passiert. Mehr dazu in diesem Blogbeitrag. Was bedeutet das für uns als Reisende? Bekommen wir Geld zurück, und wenn ja, wie viel? Mittlerweile gibt es fast täglich neue Informationen von Airlines und neu verkündete Richtlinien dazu.

Bitte beachte daher, dass die folgenden Regelungen zwar in der aktuellen Situation noch eine aufrechte Gültigkeit haben, aber diese zum Teil wegen der anhaltenden Pandemie außer Kraft gesetzt sein können, oder es zu Verzögerungen kommen kann. Daher ist aktuell jeder Fall als Einzelfall zu prüfen. Wir denken, hier ist jetzt vor allem Geduld gefragt. Auch die Airlines befinden sich in einer enorm schwierigen Lage.

Da es ständig zu neuen Änderungen rund um dieses Thema kommt, möchten wir euch gerne auf folgenden Beitrag verweisen: „Coronavirus und Reiseverkehrsmittel: Infos über Stornierungen bei Flügen, Zügen und Fernbussen.“ Dort wird laufend aktualisiert, ob und wie man bei den einzelnen Airlines bzw. Unternehmen aktuell sein Geld zurück fordern kann.

Stornierungen auf Booking.com, AirBnb, und co.

Portale wie die oben genannten sind in der aktuellen Lage ziemlich kulant. Musst du bei Booking.com eine Unterkunft stornieren, welche eigentlich nicht mehr kostenlos stornierbar wäre, kannst du aktuell dennoch dein Geld zurück verlangen. Auch AirBnb erstattet dir dein gesamtes Geld zurück, inkl. der Stornogebühren. AirBnb hat außerdem bei einer Stornierung bzw. Kontaktaufnahme mittlerweile sogar einen eigenen Button zu Corona.

Air Bnb
Booking.com


Folgende Rechte hast du als Passagier, unabhängig von Corona:

Rechte bei Flugausfall oder Verspätung

Grundsätzlich kann es zu mehreren Szenarien kommen, wieso ein Flug nicht stattfindet oder wieso man sich in einer Situation befindet, Anspruch auf eine Entschädigungszahlung zu haben. Hierzu zählt unter anderem, wenn

  • der Flug seitens der Airline gänzlich gestrichen wurde,
  • dein Flug Verspätung hat, oder
  • dieser überbucht ist.

Ist eines davon der Fall, hast du als Fluggast, laut der EU-Verordnung Nr. 261/2004, Anrecht auf eine Schadensersatzleistung.

Bei außergewöhnlichen Umständen oder höherer Macht kann es sein, dass diese Regelung außer Kraft gesetzt wird. Dazu zählen unter anderem: extremes Unwetter, Vogelschlag, Streiks oder zum Beispiel ein technischer Defekt.

endlich in Wien nach 10 Stunden Verspätung – juhu!
Warten auf den Check-In …

Dies bedeutet, dass du, je nach Situation, entweder

  • Anspruch auf Erstattung des Ticketpreises, oder
  • Anspruch auf einen Ersatzflug zum frühestmöglichen Datum, oder zu einem Wunschtermin hast.

Zusätzlich hast du Anspruch auf eine Entschädigungszahlung. Die Höhe dieser Entschädigung wird je nach Flugdistanz gestaffelt.

Hier ein kurzer Überblick zur Höhe dieser Entschädigungen:

  • Bei Flügen bis 1.500 km Reisestrecke erhält man eine Pauschale von € 250.
  • Bei einer Flugstrecke zw. 1.500 und 3.500 km innerh. der EU steht einem der Betrag von € 400 zu.
  • Bei Distanzen ab 3.500 km außerhalb der EU sind es € 600, die man einfordern kann.

Achtung! All diese Ansprüche kannst du übrigens nur geltend machen, wenn du dich auch zeitgerecht am Check-In Schalter befunden hast.

8 Stunden Flugverspätung: also gut, dann eben ein kurzer Powernap 😉


Wird dir als Passagier ein Ersatzflug innerhalb einer bestimmten Frist von 2-4 Stunden (je nach Distanz) angeboten, reduziert sich die Ausgleichszahlung auf 50% des jeweiligen Wertes.

Bei länger andauernden Verspätungen hast du das Recht auf die Übernahme der Kosten für Hotel inklusive Transfer, aber auch für Mahlzeiten, Getränke und wenn nötig Telefonanrufe. Oft stellen die Airlines sogenannte „Meal Voucher“ aus.

Kein 5 Sterne Frühstück, aber die Fluglinie hats bezahlt… 🙂

Die Verjährungsfrist bei diesen Entschädigungen beträgt drei Jahre. Deshalb kannst du die Ansprüche auch für vergangene Flug-Verspätungen geltend machen.

Beispiel aus eigener Erfahrung: Wir hatten schon des Öfteren die Situation, dass unser Flug überbucht war. Zum Beispiel bei unserer Reise nach Israel im Jahr 2018. Erfahrungsgemäß werden, meist wenn du schon am Gate sitzt, Freiwillige gesucht, die für einen Pauschalbetrag sich auf den nächstmöglichen Flug umbuchen lassen. In diesem Falle waren es um die € 200, sowie eine Übernachtungsmöglichkeit in der Nähe des Flughafens. Wäre uns das nicht in Wien, sondern in Tel Aviv passiert, hätten wir vermutlich nicht gezögert. 😊



In der Regel ist die Durchsetzung von Ansprüchen bei der Airline recht mühselig, da diese natürlich alles dafür tun, nicht zahlen zu müssen und gerne mal die zeitlichen Fristen bis zum Anschlag ausnutzen.

Deine Ansprüche auf Entschädigung kannst du auf folgendem Wege geltend machen

  • selbstständig bei der Airline einfordern
  • durch eine abgeschlossene Reiseversicherung
  • mit Hilfe eines Fluggastrecht-Portals wie www.flightright.de durchsetzen
  • die zuständige Beschwerdestelle kontaktieren – in Österreich: die Agentur für Passagier- und Fahrgastrecht: www.apf.gv.at
  • oder den Fall an einen Anwalt übergeben

Beispiel aus eigener Erfahrung: Bei unserem Heimflug von Togo im Jahr 2019 hatten wir nicht nur einen verspäteten Abflug, sondern auch einen ungeplanten, zweistündigen Zwischenstopp in Marrakesch. Dadurch verpassten wir den Anschlussflug in Lissabon. Schlussendlich wurden wir über Prag nach Wien umgeleitet. Unterm Strich hatten wir knapp 8 Stunden Verspätung. Leider warten wir bis heute auf eine Ausgleichszahlung der Airline und haben mittlerweile den Fall, zur Prüfung, an ein Fluggastrecht-Portal abgegeben. Hier ist vor allem Geduld gefragt, bis man tatsächlich sein Geld zurück bekommt.

Unser Heimflug von Togo im Jahr 2019 war eine richtige Odyssee: 6 Flughäfen in weniger als 24 Stunden.
Elsa schon völlig genervt, weil sie nur mehr nach Hause will…


Rechte bei Verlust/Verspätung von Gepäckstücken

Kennst du den Moment, wenn jeder der anderen Passagiere bereits seinen Koffer am Fließband erhalten hat und deiner noch nicht in Sichtweite ist? Wenn man eigentlich weiß, dass in den meisten Fällen der Koffer sowieso ankommt, aber irgendwo doch dieser Zweifel und die Angst da ist, man könne den Flughafen eventuell ohne Gepäck verlassen?!

Tritt tatsächlich einmal der Worst-Case ein, ist es bestimmt sehr ärgerlich. Immerhin sind ja auch persönliche Gegenstände im Gepäck, auf die man, (so denkt man anfangs zumindest), mit Sicherheit nicht verzichten kann und möchte. Es muss aber nicht gleich bedeuten, dass der Urlaub für dich gelaufen ist.

Der Verlust oder die Verspätung von Fluggepäck ist, genauso wie die Beschädigung, im Montrealer Abkommen geregelt. Dieses gilt in knapp 130 Ländern weltweit und normiert die Höhe der Ersatzleistung seitens der Airline im Schadensfall.


Die Höhe der Entschädigungszahlung beträgt maximal ca € 1.300 pro Person. Für diesen Betrag kann man dann sozusagen auf Kosten der Fluglinie shoppen gehen. Hört sich erst mal super an, allerdings gibt es da wichtige Dinge zu beachten:

  • Freu dich nicht zu früh: Airlines sind hier sehr streng und werden dir nicht alles, was du kaufst und „angeblich dringend“ brauchen wirst, bis dein Gepäck da ist, rückerstatten. Hier handelt es sich wirklich um die wesentlichen Dinge wie Kleidung, Schuhe, Toilettartikel. Fliegst du etwa im Sommer nach Mallorca, wird dir die Airline keinen Pelzmantel erstatten.
  • Es wird seitens der Airline genau kontrolliert, welche Dinge tatsächlich Sinn machen. Auch bei Markenware wirst du Pech haben. Du solltest eher günstig einkaufen und nicht absichtlich auf teurere Produkte zurückzugreifen. Außer du bist beispielsweise beruflich unterwegs und benötigst nachweislich für ein Meeting einen Anzug. Am besten konzentrierst du dich nur auf Dinge, die du tatsächlich im Zielland benötigst, bis das eigentliche Gepäck wieder zur Verfügung steht.
  • Natürlich solltest du in diesem Fall alle Rechnungsbelege aufbewahren, da diese vorgelegt werden müssen.
  • Schäden am Koffer müssen schriftlich, am besten sofort, aber mindestens innerhalb von sieben Tagen, gemeldet werden. Hier wird lediglich eine Reparatur oder der aktuelle Zeitwert des Gepäckstückes erstattet.
  • Bei verspäteten Gepäckstücken musst du innerhalb von 21 Tagen schriftlich Beschwerde einreichen. Ist der Koffer am Flughafen eingelangt, bieten viele Premium-Airlines eine gratis Zustellung an.

Beispiel aus eigener Erfahrung: Wir hatten schon mehrmals den Fall, seltsamerweise immer nach Ghana, dass unser Reiserucksack bei der Ankunft nicht anwesend war. Dies war leider sehr ärgerlich, da wir damals einerseits noch nicht Bescheid wussten, welche Rechte wir in diesem Fall haben, und andererseits sich auch die Kommunikation als sehr mühselig rausstellte. Damals sind wir mehrmals umsonst zum Flughafen gefahren, mit der Hoffnung, das Gepäckstück sei in der Zwischenzeit angekommen. Auch Entschädigung haben wir damals nicht angefordert. Heute würden wir anders handeln.

Geht der Koffer ganz verloren, und taucht auch nicht mehr auf, musst du ungefähr angeben können, was in deinem Gepäck drinnen war und welchen Wert der Inhalt in etwa hatte. Aus diesem Grund fotografieren wir vor unseren Reisen immer grob unser Gepäck, um im Fall der Fälle etwas vorweisen zu können. Auch die Packliste kannst du zur Not als Gedankenstütze heranziehen, um aufzulisten, was alles im Gepäck war.

Insider Tipp: Wir teilen unser Gepäck immer auf unsere Rucksäcke auf. Also immer ein, zwei Garnituren Kleidung von Elsa bei Atti rein, und umgekehrt. Auch im Handgepäck haben wir meist Unterwäsche, Ersatz-Shirt und Reisezahnbürste dabei. – Safety First 😊



Rechte, wenn du deinen Flug verpasst oder bewusst aussetzt

Hin und wieder kann es vorkommen, dass man einen Flug verpasst oder auch, dass man es sich anders überlegt und man beispielsweise länger am Urlaubsort bleibt. Airlines wollen einem in diesen Fällen oft verdeutlichen, dass eine Stornierung nicht möglich ist und man keinen Anspruch auf Rückerstattung hat. Doch dies ist nicht ganz richtig! Auch wenn die Stornofrist bereits vorbei ist, heißt es nicht zwangsläufig, dass du auf den Kosten sitzen bleibst. Rechtlich gesehen kannst du als Kunde einen Großteil des Ticketpreises zurückfordern.

Warten auf den Bus zum Flughafen…

Der Ticketpreis jeder Airline setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Wie etwa aus den Fixkosten der Airline, Kerosinzuschlag, Steuern und Gebühren, oder etwa personenbezogene Service-Entgelte. Wenn du den Flug nicht angetreten bist, hast du das Recht, zumindest die angefallenen Steuern und Gebühren, sowie Service-Entgelte zurückzufordern. Hier findest du die Infoseite der Arbeiterkammer Österreich mit Musterbrief.

Leider ist dies von Fall zu Fall immer unterschiedlich, und die Fluggesellschaften zahlen nicht von sich aus zurück. Bei Premium-Airlines hat man jedoch bessere Chancen, sein Geld zurück zu bekommen, als bei Billigfluglinien.

Auch hier kannst du ein Portal zur Hilfe heranziehen: www.geld-fuer-flug.de.
Bedenke: Bei Inanspruchnahme von „Geld-Zurück-Portalen“ fallen in der Regel Gebühren von 20-40% an. Diese müssen nur bezahlt werden, wenn es auch tatsächlich Geld von der Airline gibt. Unterm Strich kommst du also ziemlich gut davon, da dies immer noch mehr ist als gar kein Geld.



Registrierung beim Außenministerium

Noch ein Tipp zum Abschluss: Wir machen es jedes Mal, und wir raten auch dir dazu. Registriere dich bei Auslandsreisen immer beim Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA). Der Vorteil hierbei ist, dass der Staat Bescheid weiß, wie viele ÖsterreicherInnen sich wo im Ausland befinden. Bei Katastrophen kann so schnell reagiert werden, wie jetzt auch in der Corona-Krise der Fall.

Du musst dich nicht für jeden einzelnen Grenzübertritt z.B nach Deutschland oder Kroatien anmelden. Doch beispielweise für beliebte Urlaubsländer wie Thailand (Erdbeben, Tsunamigefahr), oder Ägypten (Gefahr für Terroranschläge) ist es empfehlenswert. Besuchst du, so wie wir, keine klassischen Urlaubsländer, dann würden wir dir definitiv zu einer Registrierung beim Außenministerium raten.

Hier findest du die Seite zur Reiseregistrierung beim Außenministerium.



Hier findest du nochmals alle wichtigen Links gesammelt:



Hast du schon mal eine Entschädigung wegen einer Verspätung erhalten oder schon Probleme mit dem Gepäck gehabt? Erzähle es uns doch mit einem Kommentar oder auf Instagram. 🙂


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